„Zum ersten Mal drei Ausbildungsplätze besetzt“ – Interview mit SHK-Unternehmer Michael Zierau
Michael Zierau setzt in seinem Magdeburger Handwerksbetrieb zur Personalgewinnung auf digitale Tools und eine 4-Tage-Woche. Mit Erfolg: Drei Auszubildende hat sein Betrieb aktuell – und selbst der eigene Sohn hat das geplante Medizinstudium kurzerhand verworfen und im elterlichen Betrieb die Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik begonnen. Im Interview gibt Michael Zierau Einblick, wie er seinen Betrieb fit für die Zukunft macht.
Herr Zierau, Ihr Sohn hat ein 1er-Abi, wollte Arzt werden und steigt nun in Ihrem Familienbetrieb als Anlagenmechaniker ein. Woher kam der Sinneswandel?
Seit mein Sohn denken kann, will er Arzt werden. Sogar die Ausbildung zum Sanitäter und mehrere Praktika im Krankenhaus hat er absolviert. Eines Abends sagte er mir, dass er Heizungsmonteur werden möchte, wie ich. Ich dachte zuerst an einen Scherz. Aber zum einen hat er am eigenen Leib erfahren, wie mächtig das Netzwerk eines Handwerksbetriebes ist und zum anderen ist ihm Geld sehr wichtig. Er hat sich ganz genau ausgerechnet, was er im Handwerk verdienen kann und wann er mit einem Studium erst richtig Geld verdient hätte.
Das Handwerk ist im Wandel. Sie setzen bereits auf mobile Auftragsvergabe und Cloudlösungen. Was für Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Die Cloudlösung haben wir aus Sicherheitsgründen eingeführt. Mein Sohn hat mir vor ungefähr drei Jahren gesagt, dass wir noch moderner werden müssen. Durch die Einführung der mobilen Auftragsvergabe arbeiten wir heute noch effizienter. Durch unsere Tools haben wir rund 40 % weniger Arbeit im Büro. Beim Kunden zeigen unsere Tablets die gesamte Historie an. Wir sehen auf einem Blick, was die Probleme in der Vergangenheit waren oder was bei der letzten Wartung bereits getauscht wurde.
Erhöhen innovative Lösungen die Attraktivität Ihres Betriebes, sodass sich junge Leute für eine Ausbildung bei Ihnen entscheiden?
Die Digitalisierung müssen wir akzeptieren und mitgehen. Wir haben digitale Lösungen Schritt für Schritt eingeführt, damit niemand abgehängt wird. Eine gute Einweisung ist dabei elementar. Heute profitieren wir im Notdienst beispielsweise enorm davon, dass wir alle Betriebsanleitungen der Heizungen digital auf dem Tablet einsehen können. Früher mussten wir diese ordnerweise im Transporter mitführen. Und für junge Leute sind Möglichkeiten wie die digitale Fehlerfindung bei Geräten in der Tat attraktiv.
Sie bieten mehrere Ausbildungsplätze an. Wie schaffen Sie es, diese Plätze zu besetzen?
Ich habe zum ersten Mal drei Ausbildungsplätze besetzt. Durch unseren Auftritt auf Facebook und Instagram zeigen wir als Betrieb, was wir unseren Mitarbeitern bieten. Hier bilden wir aber auch das ehrliche Handwerk ab. Die Leute müssen erfahren, was los ist. Des Weiteren betreiben wir gezielt Sportsponsoring bei uns in der Umgebung. Hier finden wir nicht nur potenzielle Neukunden, sondern durch unser Engagement auch Auszubildende. Wir machen Werbung, die jeder versteht.
Ihr Unternehmen hat die 4-Tage-Woche eingeführt. Was versprechen Sie sich davon und was sind die Vorteile?
Die „Work-Life-Balance“ ist in aller Munde. Wenn man aber keine Kohle mehr verdient, dann hat man wenig vom Life und die Balance bleibt auch aus. Ich muss keinem erzählen, dass eine reine 4-Tage-Woche im Heizungs- und Sanitärbereich kaum umsetzbar ist. Daher haben wir uns ein besonderes Modell ausgedacht. Wir arbeiten in mehreren Teams, die im Wechsel eine Woche vier Tage und eine Woche fünf Tage im Einsatz sind. Jedes Team einigt sich darauf, welche Woche kurz oder lang ist. Das testen wir jetzt ein halbes Jahr lang mit 40 Wochenarbeitsstunden und wenn das Modell funktioniert, werde ich die Arbeitszeit um zwei Stunden pro Woche verkürzen. Meine Mitarbeiter wissen das zu schätzen und sind happy.